Samstag, 25. August 2012

Zwischen Baum und Borke

PER PEDES heißt die augenzwinkernde Kolumne, mit der Blogger Björn Hoeftmann in loser Reihenfolge mit den Lesern des Wanderblogs „Der Wanderfreund“ über Stock und Stein geht. In seiner 2. Kolumne schreibt er über das Pilgern, „Pilgervater“ Hape Kerkeling und wie es ist, plötzlich zwischen Baum und Borke zu stehen…

Drei, zwo, eins: seins! An einem der letzten Sonntage erlebte ich bei ebay eine kleine Enttäuschung. Ich bot auf Hape Kerkelings Pilgerroman „Ich bin dann mal weg“. Zu meiner Schande muss ich gestehen, bisher ging das Buch an mir vorbei. Bis ich die Anpreisung jener Verkäuferin las, die das  Werk als „das wichtigste Buch ihres Lebens“ verkaufte. Geschlagene fünf Sekunden vor dem Auktionsende wurde es dann dramatisch, ein anderer Ebayer namens Pilgrim0815 überbot mich. Da sage noch einer, potenzielle Pilger könnten nicht schnell werden.


Neulich begab ich mich selbst auf Pilgerpfade. Zunächst in Gedanken, als ich einen Artikel über einen Wanderer las, der auf Kerkelings Spuren die letzten 100 km des Jakobsweges mit seinen beiden Kindern (Teenager) gegangen war. Seinen lesenswerten Erlebnisbericht fanden aber nicht alle ZEIT Online-Leser toll und ließen ihrer Empörung im Kommentarfenster freien Lauf:
 
oh, lasst doch endlich diese deutsche Pilgerautobahn in frieden. Was ist bloss geschehen, dass jeder zweite Deutsche seit einem guten Jahrzehnt davon traeumt, in einen Outdoorshop zu gehen, um danach diese total ueberlaufene Strecke abzulatschen ? Liegt das Alles wirklich an dem einen Buch von Kerkeling?“

Schade eigentlich, für den Wanderer und den Jakobsweg. Was meine eigenen Pilgerpfade angeht verschlug es mich ins schöne Emsland, wo der idyllische Hümmlinger Pilgerweg angesiedelt ist, sozusagen die emsländische Variante des Jakobsweges. Eine Pilgerautobahn ist der nicht, dort hat der Wanderer noch seinen Frieden.
 
Und er kann sich, siehe da, zuvor auf der zugehörigen Webseite über den Pilgerweg informieren. Unter anderem kann er sich dort ein Pilgerpaket bestellen, das besteht aus einer Karte, einem Pilgerstab und einem Pilgeramulett, wozu man das auch immer braucht. Auf dieser Webseite lässt sich nicht nur etwas über den Ursprung des Weges erfahren, außerdem verspricht sie so einiges:

„Durch die starke Verankerung des christlichen Glaubens in der Region ist die Idee gewachsen, einen Wanderweg nicht nur durch die abwechslungsreiche Natur des Hümmlings, sondern auch entlang zahlreicher spiritueller Orte ins Leben zu rufen.

Neben den Sehenswürdigkeiten inspirieren auf Findlingen angebrachte Sinnsprüche den Pilger. Als Nahrung für Geist und Seele sind sie zentraler Bestandteil des Hümmlinger Pilgerweges. Abseits des hektischen Alltags können neue Gedanken und Einsichten wachsen.

Vielleicht sind diese neuen Einsichten nur ein kleines Souvenir für den Alltag, vielleicht aber auch Anfang eines Umbruchs zur neuen Lebensart.“

Anfang eines Umbruchs zur neuen Lebensart. Wohl wahr, das lässt sich hören. Doch der Pilgerweg kann sich - eingebettet in die sanften  Wälder und Hügel des Hümmlings - auch wirklich sehen lassen. So wie die auf Findlingen angebrachten Sinnsprüche, die einen auf der Strecke begleiten. Gerne erinnere ich mich etwa an den Satz: „Gott, gib mir die Gelassenheit“.  Denn Ortsfremde können ihn an Ort und Stelle anwenden. Zum Beispiel bei einem Problem, welches wohl jeder Wanderer  kennt.

Man erreicht eine Weggabelung mit vier Richtungen. Der Orientierungssinn ist nach mehreren Stunden nicht mehr ganz so ausgeprägt, die Karte lässt einen im Stich und man lechzt geradezu nach einem Hinweisschild. Ja, dann steht man sozusagen zwischen Baum und Borke - an schlechten Tagen sogar im Regen. Doch der gelassene Wanderer weiß, es findet sich stets ein Ausweg. 

Vielleicht hätte mir bei dem Problem, den rechten Weg zu finden, anstelle eines Hinweisschildes auch die vorherige Lektüre von Kerkelings Standardwerk für potenzielle Pilger weitergeholfen. Doch das hole ich bald nach und habe hierzu bei ebay längst sichere Pfade bestritten. Dank der dortigen Sofort-Kauf-Variante gilt: Drei, zwo, eins- meins.
 
Nun kann ich sagen: der literarische „Pilgervater“ Kerkeling ist bereits auf dem Weg zu mir. Tja, wer wird das schon von sich behaupten können. Ob er ankommt, ist eine andere Frage......
 
Björn Hoeftmann schreibt ansonsten über Fußball und das in seinem Blog >> Der LIBERO <<.
  

Mittwoch, 1. August 2012

Der Hümmlinger Pilgerweg im Emsland von Sögel nach Werlte

Beginn des Hümmlinger Pilgerweges Schloss Clemenswerth

Der Hümmlinger Pilgerweg im Emsland Etappe 1 von Sögel nach Werlte
Ein Erfahrungsbericht

Bisher ist das Emsland, bei vielen Lesern, nicht gerade als ein bekanntes Wanderland populär geworden. Viele fragen sich noch dazu, Wo ist denn eigentlich das Emsland? Wer kennt schon die schönen Orte wie Sögel, Werlte, Lorup, Esterwegen oder Börger? Na also. Dabei ist das Emsland schon ein Geheimtipp und ein Eldorado für Radwanderer. Sehr gute Radwege und Infrastruktur, sehr gut ausgeschildert, ebene Strecken, nette Hotels, sehr gutes Essen und günstige Preise zeichnen das Emsland aus. Aber dass das Emsland nun auch Wanderwege ausgebaut hat, war mir als Excil-Emsländer nun auch neu. Grund genug dies auch mal zu testen. Dazu suchten wir uns den hoch gepriesenen Hümmlinger Pilgerweg aus.

Der Hümmlinger Pilgerweg ist lt. Wikepedia ein Pilgerweg im Hümmling im westlichen Niedersachsen. Mit einer Gesamtlänge von 90,7 Kilometern verläuft er als Rundweg ausschließlich im Nordosten des Landkreises Emsland zwischen Sögel, Werlte, Lorup, Esterwegen und Börger.

Hier ein Doku-Film von der 1. Etappe
http://www.youtube.com/watch?v=LgPB_dM6xMo


Sinnspruchtafeln, die auf Findlingen angebracht sind, laden den Pilger “in regelmäßigen Abständen als Stationen zur inneren Einkehr und zum Zeitnehmen für Gott, die Natur und den emslandblauen Himmel” ein.

Der Hümmlinger Pilgerweg wird in fünf Etappen angeboten:

1.   Sögel – Werlte (über Spahnharrenstätte; 26,7 Kilometer; das Naturschutzgebiet  Theikenmeer liegt auf der Strecke)
2.   Werlte – Lorup (11,5 Kilometer)
3.   Lorup – Esterwegen (12,5 Kilometer)
4.   Esterwegen – Börger (über Breddenberg; 28 Kilometer)
5.   Börger – Sögel (über Werpeloh; 12 Kilometer)

Wir, mein Neffe und ich, entschieden uns für die 1. Etappe von Sögel nach Werlte. Die Emsländer preisen diesen Wanderweg eindrucksvoll im Internet und per Flyer etc. an und informieren auch über die spirituellen Hintergründe des christlichen Glaubens in der Region. Na ja, wir sind offen und sehr gespannt.

Unser Start ist in Sögel und wir finden schnell den Einstieg in den Wanderweg an der beeindruckende Schlossanlage Clemenswerth. Diese Schlossanlage wurde 1737 – 1747 vom Kurfürst Clemens August als Jagdschloss auf dem „Hümmling“ erbauen lassen. Unser Weg führt uns durch den Schlossgarten zu den schön angelegten Teichen. Das Wetter ist wechselhaft. Die Sonne, wenn sie scheint ist angenehm warm. Dicke Wolken ziehen über unsere Köpfe, aber es scheint trocken zu bleiben. Bestes Wanderwetter. Begeistert sind wir über die üppige Wegbeschilderung. Das Zeichen des Hümmlinger Pilgerweges, weißes Kreuz auf rotem Hintergrund, ist alle 30 – 50 Meter leicht zu finden.

Der Weg führt uns durch einen beeindruckenden Mischwald mit altem gesundem Baumbestand. Es folgt die erste große Wegkreuzung. Dort sind wir allerdings ratlos, wie es weitergeht. Unsere erworbene Karte bringt auch keine wirkliche Hilfe, da sie viel zu grob ist. Wo sind die Wegweiser geblieben? Nach langem Suchen stellte sich heraus, dass der erste Findling, als Übergang der Wegweiser von der ersten Wegbeschilderung, versteckt und zugewachsen, ein Pfeil in einem Kreuz den richtigen Weg wies. Nach langem Suchen und Fragen finden wir den richtigen Wanderweg wieder, verpassen dann den Schlenker zur Mariengrotte, da wir direkt in Spahnharrenstätte einmarschieren und weiter den Wanderweg folgen. Langsam wächst unsere Frustration über diese Wegbeschilderung. Von göttlicher Inspiration ist noch nichts zu spüren.

Begeistert sind wir allerdings von der Landschaft, weniger von der Wegbeschilderung, da wir insgesamt dreimal vom richten Weg abkommen. Dazu steht im Internet „Die Beschilderung des Hümmlinger Pilgerweges (HP) st einzigartig; Findlinge mit aufgesetztem Edelstahlkreuz und eingearbeiteten Richtungspfeilen weisen dem Wanderer den Weg. Diese Beschilderung wurde extra für den HP einwickelt und stellt eine Verbindung zwischen regionstypischen naturräumlichen Besonderheiten und dem Thema Pilgern her.“ Hört, hört!!! Dieser einfache Ansatz ist leider an uns Wanderern vorbeigegangen. Schade. Wie mag es da, den Wanderern gehen, die ohne Vorbereitung die Wandertour wollen? Hier sollten sich die Organisatoren des Wanderweges an der eindeutigen Wegbeschilderung noch einmal arbeiten. Manchmal ist weniger mehr. Da lobe ich mir die Wegweiser z. B. in Sachsen (siehe Malerweg oder Voigtland).

Fazit: Sehr schöne ebene Landschaft ohne nennenswerte Steigungen. Allerdings sind weitläufige Aussichtspunkte vorhanden, die sehr eindrucksvoll sind. Die Landschaft ist zum Teil durch die Agrarromantik geprägt. Auch wenn unsere Wandertour aufgrund der Abweichungen nur 19 km betrug, war es doch ein schöner Wandertag mit einer Inspiration der Ruhe und neue Gedanken. Wandern macht dich stark und frei auch im wunderschönen Emsland.

Göttliche Inspiration?
Alte Mühle in Werlte